Ein Kooperationsprojekt zwischen der Abteilung für Medizinische Psychologie der Universitätsklinik Heidelberg und dem Institut für Musiktherapie der Universität Witten/Herdecke
Projektdauer
2001-2004
Durchführung der Messungen und Datenerhebung
7.9.2002
Das Forschungsteam
Projektleitung Sabine Rittner, Universitätsklinik Heidelberg, Abt. für Medizinische Psychologie, sowie Prof. Dr. Jörg Fachner (damals Universität Witten/Herdecke, derzeit Dept. of Music and Performing Arts, Cambridge, GB). Des weiteren: Prof.Dr.Rolf Verres und Dr. Horst Scherg, Universitätsklinik Heidelberg, Abt. für Medizinische Psychologie; Prof. Dr. David Aldridge, Universität Witten/Herdecke, Institut für Musiktherapie. Das Forschungsteam bestand darüber hinaus aus einer Diplomandin/Psychologie sowie zwei Praktikanten/Musiktherapie.
Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass verschiedene mentale Phänomene, die unter den Begriffen „Trance“ und „Vigilanz“ subsummiert werden, sowohl unabhängig voneinander variieren können, als auch gleichzeitig induziert werden können. Untersucht wurden die Zusammenhänge zwischen subjektivem Tranceerleben, objektivierbarer Trancetiefe, messbarer Vigilanz und lokalisierbarer Gehirnaktivität im topographischen Elektroenzephalogramm.
Im Focus der Untersuchung standen vier verschiedene erprobte rezeptive Verfahren, deren tranceinduzierende Wirkungen auf die Versuchspersonen gemessen und miteinander verglichen wurden:
- Körpermonochord („Somasandawa“ nach H.P. Klein)
- monochrome Stimmklänge
- Peruvian Whistling Vessels (altperuanische Pfeifengefäße, trad. nach D. Statnekov)
- eine „Rituelle Körperhaltung“ mit Rassel-Stimulation („Der olmekische Prinz“, trad. nach F. Goodman)
Mit diesen Verfahren können sowohl primär trophotrope als auch primär ergotrope veränderte Wachbewusstseinszustände ausgelöst werden. Die Messungen wurden im Rahmen eines dem Forschungsgegenstand angemessenen rituellen Gruppensettings (naturalistisches Design) an einem Tag im September 2002 an der Abteilung für Medizinische Psychologie der Universitätsklinik Heidelberg durchgeführt.
Neben der systematischen Variation der oben genannten Induktionsmethoden wurden schriftliche Spontanäußerungen der Versuchspersonen und Gruppenteilnehmer mit den objektivierbaren physiologischen Parametern korreliert. Es handelt sich um einen multiperspektivischen Forschungsansatz, in dem drei verschiedene methodische Zugänge zum Forschungsgegenstand gewählt und in der Auswertung miteinander in Beziehung gesetzt wurden:
1. Bildgebendes Verfahren
Mit Hilfe eines topographischen quantitativen Spontan EEGs (EEG-Brainmapping) wurde die topographische Veränderung von Vigilanzzuständen bei 2 Versuchspersonen gemessen. Diese Einbettung der Messungen mit Hilfe eines transportablen EEG-Messgerätes in ein nicht-artifizielles, vertrautes, rituelles Setting im Rahmen einer den Versuchspersonen bekannten Gruppe erscheint besonders wichtig. Anders als eine isolierte Laborsituation gewährleistet diese Vertrautheit der Gruppensituation den erlebnisunterstützenden soziophysiologischen Einfluss auf die klanginduzierten Tranceerfahrungen aller Beteiligten. Auf diese Weise können verfremdende Einflüsse des Settings (Labor-Artefakte) vermieden werden.
2. Quantitative Untersuchung
Es kamen zwei verschiedene Fragebogenbatterien zum Einsatz: „5D-APZ“ von Dittrich, Lamparter und Maurer, Zürich 1999 und „Phenomenology of Consciousness Inventory“ (PCI) von Pekala, 1982, 1991 in der deutschen Fassung von Ulrich Ott, Universität Giessen.
3. Qualitative Untersuchung
Die schriftlich fixierten persönlichen Erlebnisse der Versuchspersonen und der Gruppenteilnehmer wurden in Form einer qualitativen Exploration inhaltsanalytisch ausgewertet, miteinander verglichen und mit den Ergebnissen der Auswertung von 1. und 2. in Beziehung gesetzt.
Ziel dieser Pilotstudie war die wissenschaftliche Überprüfung und Fundierung rezeptiv musiktherapeutischer und aus dem Kontext der Anthropologie stammender Behandlungsverfahren zur Tranceinduktion sowie deren Einbettung in Erkenntnisse aus der Bewusstseinsforschung.
Die Pilotstudie wurde aus Mitteln der Abt. für Medizinische Psychologie der Universitätsklinik Heidelberg (Leitung Prof. Dr. Rolf Verres) finanziert.
Projektbezogene Publikationen
Fachner, Jörg; Rittner, Sabine (2003)
Sound and trance in a ritualistic setting – two single cases with EEG brainmapping
In: Brain Topography, Vol.16, No.2, Winter 2003. S. 121. Human Sciences Press.
Rittner, Sabine (2003)
Brainmapping of different Tranceinduktion Methods in a ritual setting
In: Nauwald, Nana, Goodman, Felicitas D. (Hg.): Ecstatic Trance: New Ritual Bodypostures. A Workbook. Binkey Kok Publications.
Rittner, Sabine; Fachner, Jörg (2004)
Klang und Trance im EEG – Brainmapping mit dem Ganzkörper-Monochord im therapeutischen Setting
In: Musiktherapeutische Umschau, Bd.25, 1. Göttingen: Vandenhoeck & Rupprecht.
Rittner, Sabine; Fachner, Jörg (2004)
Klang und Trance im EEG – Brainmapping verschiedener Tranceinduktionsmethoden im rituellen Setting
In: Musiktherapeutische Umschau Online, Bd.25, 1. (www.musiktherapie.de)
→ PDF Download: Klang und Trance im EEG
Fachner, Jörg; Rittner, Sabine (2004)
Sound and trance in a ritualistic setting visualised with EEG Brainmapping
In: Music Therapy Today (online). University Witten/Herdecke, Chair for Qualitative Research in Medicine (Hg.). Internet Vol. V, Issue 2.
→ PDF Download: Sound and trance in a ritualistic setting visualised with EEG Brainmapping
Rittner, Sabine (2004)
Brainmapping verschiedener Tranceinduktionsmethoden im rituellen Setting
In: Nauwald, Nana; Goodman, Felicitas (Hg.): Ekstatische Trance. Rituelle Körperhaltungen und ekstatische Trance. S. 39 – 40. Havelte / Holland: Binkey Kok.
Gesell, Daniela (2004)
Klang & Trance. Qualitative Auswertung klanginduzierter Trancezustände im Rahmen einer Pilotstudie
Diplomarbeit Psychologie, Universität Heidelberg.
Fachner, Jörg; Rittner, Sabine (2005)
Music and altered states of consciousness (ASC). Sound and trance in a ritualistic setting visualised with EEG Brainmapping
In: Aldridge, D.; Fachner, J.; Erkkilä, J. (Hg.): Many Faces of Music Therapy – Proceedings of the 6 th European Music Therapy Congress, June 16 – 20,2004 . Finland: Jyväskylä. S. 942 – 973. E-Book (PDF) available at: Music Therapy Today.com Vol 6, Issue 4, Nov. 2005.
→ PDF Download: Music and altered states of consciousness (ASC), sound and trance in a ritualistic setting
Rittner, Sabine (2007)
Trance und Ritual in Psychotherapie und Forschung
In: Jungaberle, H.; Verres, R.; Dubois, F. (Hg.): Rituale erneuern. Psychosozial Verlag.
Fachner, Jörg; Rittner, Sabine (2007)
EEG brainmapping of trance states induced by Monochord and Ritual Body Postures in a ritualistic setting
In: Isabelle Frohne-Hagemann (Hg.): Receptive Music Therapy – Theory and Practice. Wiesbaden: Reichert Verlag.
Rittner, Sabine (2008)
Brainmapping verschiedener Tranceinduktionsmethoden im rituellen Setting.
Erschienen in russischer Sprache.
In: Nauwald, Nana, Goodman, Felicitas (Hg.): Ekstatische Trance. Rituelle Körperhaltungen und ekstatische Trance. S. 50 – 52. Moskau. ISBN 978-5-386-00703-4
Rittner, Sabine (2011)
Brainmapping verschiedener Tranceinduktionsmethoden im rituellen Setting
In: Nauwald, Nana, Goodman, Felicitas (Hg.): Ekstatische Trance. Rituelle Körperhaltungen und ekstatische Trance. S. 43-45. AT-Verlag.
Fachner, Jörg; Rittner, Sabine (2011)
Ethnotherapy, Music and Trance: An Investigation into Sound-Trance-Induction
In: Dean Cvetkovic et al. (Hg.). States of Consciousness: Experimental Insights into Meditation, Waking, Sleep and Dreams. Heidelberg: Springer Verlag, The Frontiers Collection Series. P.235-256. ISBN 978-3-642-18046-0
Rittner, Sabine (2012)
Klang – Trance – Heilung: Veränderte Bewusstseinszustände zwischen Schamanismus, Wissenschaft und Musikpsychotherapie
Erschienen in japanischer Sprache.
In: Clinical Music Therapy. The Association of Clinical Music Therapy, Kyushu, Japan. Übersetzung: Yukiko Mizokami. S. 10–30.